Nach Angaben des Auswärtigen Amtes wird die Bundesregierung bei den für Samstag angesetzten bosnisch-kroatischen Gesprächen in Bonn zwar offiziell nicht zugegen sein, doch könnte ein Beamter "auf Arbeitsebene" die Verhandlungen beobachten. Noch gestern abend wollte sich Bundesaußenminister Klaus Kinkel mit Bosniens Premier Haris Silajdzic und dem Vermittlerduo Owen/Stoltenberg treffen.
Die Berichte des UN-Hochkommisariats für Flüchtlinge (UNHCR) über ausgemergelte Zivilisten in Zentralbosnien wurden derweil als Anzeichen für die zunehmende Hungersnot in Bosnien gewertet. Eine UNHCR-Sprecherin sagte gestern in Zagreb, im Dezember hätten anstelle der als Mindestbedarf errechneten knapp 17.000 Tonnen nur 4.000 Tonnen Hilfsgüter ihre Bestimmungsorte erreicht.
Der noch amtierende UN- Oberkommandeur für Bosnien, General Jean Cot, machte dafür die ständige Behinderung seiner Truppen durch die Bürgerkriegsparteien verantwortlich. Die Blockaden von Hilfskonvois seien ein "Zeichen großer Feigheit". "Gib einem Soldaten, gleich welcher Partei, etwa den Auftrag zur Überwachung einer Brücke, und schon wird er sich wie ein kleiner König aufführen", so Cot, der am Montag von seinem Amt zurückgetreten war. Seinen Posten als Unprofor- Kommandant in Bosnien soll nun der britische General Michael Rose übernehmen, der bisher unter anderem die englische Spezialeinheit SAS bei der Invasion der Falkland-Inseln 1982 kommandiert hatte.
Sarajevo lag gestern erneut unter schwerem serbischem Artilleriebeschuß. In unmittelbarer Nähe des Stadtzentrums tobten blutige Infanterie-Gefechte um die Kontrolle des strategisch wichtigen jüdischen Friedhofs. Wegen der Kampfhandlungen verzichtete das UNHCR auf die Wiederaufnahme der internationalen Luftbrücke, die am Mittwoch aufgrund von Granatbeschuß eingestellt worden war.