In Makedonien hat der wackelige Konsens zwischen der albanischen und der slawo-makedonischen Bevölkerung einen weiteren Riß bekommen: Wie der Innenminister der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik Makedonien, Ljubomir Frckovski, gestern bestätigte, wurde am Dienstag der albanischstämmige Husein Haskaj festgenommen. Dem ehemaligen Mitarbeiter des makedonischen Verteidigungsministeriums wird Spionage vorgeworfen.
Laut Frckovski hat Haskaj Staatsgeheimnisse und vertrauliche Dokumente an ausländische Geheimdienste weitergegeben. Berichte, nach denen der Ex-Berater für die benachbarte Republik Albanien tätig gewesen sein soll, bestätigte der makedonische Innenminister zwar nicht. Weiter hieß es allerdings, makedonische Polizisten hätten vier Waffenhändlerringe entdeckt, die Waren unter anderem über Kroatien, Bulgarien eingeführt hätten - und über Albanien.
Neben Haskaj waren am Dienstag sieben weitere albanische Makedonier wegen Waffenschmuggels festgenommen worden. Möglicherweise handelt es sich bei den Festnahmen um eine Aktion gegen von slawo-makedonischen Kreisen lange vermutete albanische paramilitärische Gruppen in der Republik. In Skopje hieß es denn auch prompt, im äußersten Süden der ehemaligen jugoslawischen Republik seien 20.000 Albaner in Milizen organisiert. Der Verteidigungsminister der Republik Albanien, Safet Zhulali, dementierte am Dienstag umgehend jeglichen illegalen Waffenhandel von Albanien nach Makedonien. Zhulali erklärte, solche Anschuldigungen dienten lediglich dazu, die albanische Regierung zu destabilisieren.
Im an die Republik Albanien und die mehrheitlich albanisch besiedelte rest-jugoslawische Provinz Kosovo grenzenden Westen Makedoniens stellen die Albaner 90 Prozent der Bevölkerung. Nach Angaben der makedonischen Behörden sind landesweit 20 Prozent der insgesamt 2,3 Millionen Einwohner Albaner. Aufgrund dieser Zahlen erhielten die makedonischen Albaner in der Verfassung des Landes nur den Status einer nationale Minderheit. Nach ihren eigenen Schätzungen stellen sie dagegen mehr als 40 Prozent der Bevölkerung. Die albanischen politischen Parteien, vor allem die "Partei der demokratischen Prosperität", der auch der verhaftete Huskaj angehört, fordern deshalb den Status einer zweiten, staatsbildenen Nation neben den slawischen Makedoniern. Bei Zusammenstößen zwischen makedonischer Polizei und Albanern waren im November vergangenen Jahres in Skopje vier Menschen getötet worden.
Im Januar war ein amerikanisch-skandinavisches Kontingent der UN-Schutztruppen in Makedonien stationiert worden. Die rund 1.000 Blauhelme kontrollieren vor allem die Einhaltung des UN-Embargos an der Grenze zu der aus Serbien und Montenegro bestehenden "Bundesrepublik Jugoslawien". Daß es bisher nicht zu einer Ausweitung des jugoslawischen Bürgerkrieges nach Makedonien gekommen ist, wird in Skopje aber auch der UN-Präsenz zugeschrieben.
Der serbische Präsident Slobodan Milosevic nahm die Festnahmen zum Anlaß, vor einer Abspaltung der albanischen Bevölkerung von Makedonien zu warnen. Dies schaffe vor allem in Griechenland Unsicherheit, wo zunehmend unklar sei, mit wem man in Makedonien um die zwischen beiden Ländern strittige Namensfrage verhandeln solle. Laut der griechischen Nachrichtenagentur ANA betonte Milosevic, sein Land werde Makedonien so lange nicht anerkennen, bis dieses Problem gelöst sei.