Während in Sarajevo aufgrund von Treibstoffmangel für die Pumpen auch die letzten Wasserquellen versiegen, bemühen sich die Vereinten Nationen bei den serbischen Belagerern der bosnischen Hauptstadt um die Erlaubnis, 75 Tonnen Dieselöl vom Flughafen in die Stadt bringen zu dürfen. Damit könnten die Wasserpumpen wieder in Betrieb genommen werden. Bisher waren die Bemühungen vergeblich. Die Warnung des EG- Vermittlers Lord Owen vor dem nächsten Winter erscheint angesichts der sich aufgrund des akuten Wassermangels ausbreitenden Typhus und anderer Epidemien in der seit vierzehn Monaten belagerten Stadt fast zynisch. Bisher starben im bosnischen Krieg 370.000 Menschen.
Aus Protest gegen die Kürzungen der Lebensmittelrationen sind der Bürgermeister von Sarajevo, Hamdija Kresevljakovic, und die serbischen, kroatischen und muslimischen Abgeordneten von sechs Parteien im Rat der Stadt am Samstag in den Hungerstreik getreten. Das Notärztekomitee "Cap Anamur", das in Sarajevo ein eigenes Team unterhält, appellierte in einem Schreiben an Bundesaußenminister Klaus Kinkel, die Hilfsorganisationen in Bosnien stärker zu unterstützen.
Das kollektive bosnische Staatspräsidium unterbreitete derweil in der kroatischen Hauptstadt Zagreb erstmalig einen eigenen Vorschlag zur künftigen Ordnung in der exjugoslawischen Republik. Nach Vorstellungen der zehn Mitglieder der Körperschaft, in der nach wie vor Serben, Kroaten und Muslimanen vertreten sind, soll Bosnien auch in Zukunft eine einheitliche Währung und eine gemeinsame Staatsbürgerschaft haben. Sieben Präsidiumsmitglieder lehnten die Aufteilung des Landes in drei ethnisch begrenzte Mini- Staaten, wie sie serbische und kroatische PolitikerInnen bisher gefordert hatten, erneut ab.
Die Armee der Nachbarrepublik Kroatien bereitet sich derweil auf die nächste Runde im serbisch-kroatischen Konflikt vor. Gestern wurde der Militärflughafen der Hafenstadt Zadar, den kroatische Truppen erst im Januar zurückerobert hatten, wieder eröffnet. Die gleichzeitige Wiederinbetriebnahme der Brücke von Maslenica, die derzeit die einzige Verbindung vom kroatischen Kernland zur dalmatischen Küste ist, könnte nach Meinung internationaler Beobachter zu erneuten Konflikten mit der serbisch besetzten Krajina führen.