Rüdiger Rossig | Journalist | Novinar

Bosnien: Vergebliche Bemühungen

Bosnisches Staatspräsidium wird von Serben und Kroaten nicht anerkannt - Waffenstillstand nicht eingehalten | Von Rüdiger Rossig und Andreas Zumach

Von dem Waffenstillstand, den das mit Muslimen, Kroaten und Serben besetzte Präsidium Bosnien-Herzegowinas am Wochenende für die Verbände der bosnischen Regierungstruppen und der kroatischen Milizen in Zentralbosnien angeordnet hatte, war am Montag nichts zu spüren. Während serbische Truppen in die Vororte der ostbosnischen UN-Schutzzone Gorazde eindrangen, wurde in Sarajevo ein serbischer Kontrollpunkt auf der Straße zwischen der bosnischen Hauptstadt und dem Flughafen errichtet. Zwar wurde der von seinen Wächtern als "Internationaler Grenz-Kontrollpunkt" deklarierte Posten nach Protesten der UN-Schutztruppen (Unprofor) schon am Montag Mittag wieder entfernt. Aber die bonischen SerbInnen haben erneut bewiesen, daß sie fähig sind, die UN-Hilfslieferungen für die belagerte bosnische Hauptstadt jederzeit zu unterbrechen. - Die neun Mitglieder des bosnischen Präsidiums konnten sich zudem auf ihrem Genfer Treffen nicht auf Schritte zur Implementierung des Vance-Owen-Friedensplanes verständigen. EG-Vermittler David Owen hatte die Versammlung beauftragt, einen von Vertretern aller drei Volksgruppen gebildeten "Koordinierungsrat" als Vorstufe zu der bei Vance-Owen vorgesehenen neunköpfigen Übergangsregierung zu bilden. Die aus jeweils drei Serben, Kroaten und Muslimanen bestehende Körperschaft sollte in der auf mindestens ein Jahr veranschlagten Interimsphase zwischen einem Waffenstillstand in ganz Bosnien-Herzegowina und der Durchführung von Wahlen die Geschicke des Landes lenken. Für den bosnischen Präsidenten Izetbegovic hätte dies bedeutet, einen Teil seiner ohnehin nur theoretischen Macht an die Übergangsregierung abzugeben. Dazu aber war Izetbegovic mit Verweis auf die Lage in Gorazde nicht bereit.

Owen und UNO-Vermittler Stoltenberg wollten mit der Einladung an das Präsidium zu einer Sitzung in Genf bei den am UNO-Sitz vertretenen Medien den Eindruck bekräftigen, der Vance-Owen-Plan sei noch nicht tot. Doch selbst wenn sich das Präsidium auf Schritte zur Implementierung des Plans verständigt hätte, wäre diese Einigung kaum von praktischer Relevanz gewesen. Denn die drei serbischen und zwei kroatischen Mitglieder des zehnköpfigen Präsidiums wurden vor einigen Monaten von Izetbegovic in diese Funktionen berufen. Von den bosnischen Serben werden sie überhaupt nicht als ihre Vertreter anerkannt, von den bosnischen Kroaten nur bedingt.