Zwischen 2.000 und 5.000 Menschen demonstrierten am Donnerstag abend in Belgrad gegen Versuche der rest-jugoslawischen Regierung, die Tageszeitung Borba unter ihre Kontrolle zu bringen. Am Vortag hatten die Behörden die Konten des Blattes geperrt - eine weiterer Schlag des Regimes von Präsident Slobodan Milosevic gegen die unabhängigen Medien.
Die aktuellen Gleichschaltungs- Versuche begannen am 23.Dezember, als das Bezirksgericht Belgrad die 1991 erteilte Zulassung von Borba als selbständige Firma zurückzog. Angeblich waren bei der Privatisierung des Blattes Verfahrensfehler gemacht worden. Vier Tage später erklärte sich die Regierung der "Bundesrepublik Jugoslawien" als Rechtsnachfolger der "Sozialistischen Allianz der Werktätigen" zum Besitzer und ernannte ihren derzeitigen Informationsminister Dragutin Brcin zum amtierenden Borba-Direktor. Bis 1989 war die Tageszeitung Organ dieser kommunistischen Vorfeldorganisation gewesen.
Die überwältigende Mehrheit der Mitarbeiter verweigerte Brcin jedoch die Gefolgschaft und besetzte die Redaktionsräume. Die Auseinandersetzung erreichte ihren bisherigen Höhepunkt Mitte letzter Woche, als zwei Borbas ausgeliefert wurden: Eine "offizielle" und eine, die die aufständische Redaktion hergestellt hatte.
Borba heißt auf deutsch "Kampf", und tatsächlich hatte das Blatt seit seiner Gründung als Partisanenzeitung im Zweiten Weltkrieg so manchen Kampf zu bestehen. So etwa 1953, als Milovan Djilas, bis dahin das reformfreudigste Mitglied des Politbüros des "Bundes der Kommunnisten" (SKJ), in der Borba jene Beiträge veröffentlichte, die ihn innerhalb weniger Wochen zum bekanntesten Dissidenten des titoistischen Jugoslawien machten. Oder in den späten achtziger Jahren, als der Reformkommunist Stanislav Marinkovic sich als Borba-Direktor konsequent gegen die Gleichschaltungspolitik des damaligen serbischen Parteiführers Milosevic stellte. Marinkovic war es auch, der konsequent die Priavtisierung der Zeitung betrieb und der Borba-Redaktion die Rückendeckung gab, mit der sie zu ihrer heutigen weitgehend unabhängigen Berichterstattung fand. 1989 starb er - wie es heißt, an Überarbietung.
Ob Zoran Djindjic, der Haupt- sprecher der Kundgebung vom Donnerstag, angesichts dieser Tradition allerdings der beste aller möglichen Vertreter des Anliegens der Borba-UnterstützerInnen war, darf bezweifelt werden. Denn seine "Demokratische Partei" (DS) gilt seit Monaten als neuer Verbündeter der nationalistischen Ultras um den bosnischen Serbenführers Radovan Karadzic in der Republik Serbien. Djindjic konnte denn auch in seiner Rede in den Repressionsmaßnahmen gegen die Borba nichts anderes sehen als ein "Zeichen der Schwäche" des Milosevic-Regimes. Die Erfahrung seit dessen Machtübernahme 1987 zeigt dagegen, daß der serbische Präsident immer dann gegen kritische Medien vorgeht, wenn es sich besonder stark fühlt. Und daß er sich um Proteste der BürgerInnen genausowenig schert, wie um die der USA, der Unesco und der "Internationalen Journalistenföderation" (IJF), wenn es darum geht, sein Macht zu sichern.