Bosnische Truppen sind nach Angaben von Radio Sarajevo in den letzten Tagen mehrmals aus der UN-Schutzzone Bihac in die formell zu Kroatien gehörende "Serbische Republik Krajina" vorgestoßen. Gleichzeitig griffen Einheiten der bosnischen Serben seit dem Wochenende die Enklave im äußersten Westen Bosniens von Osten her an, meldete der Sender. Infanterieverbände aus den serbisch besetzten 70 Prozent der exjugoslawischen Republik seien bereits am Montag abend mit Artillerieunterstützung im Umfeld der Kleinstadt Otaka vorgerückt.
Bei Angriffen auf Industrie- und Wohngebiete in Bihac, der größten Stadt der Enklave, habe es zahlreiche Opfer unter der Zivilbevölkerung gegeben. Die UN- Schutztruppen hatten nach dem Zusammenbruch der letzten serbischen Offensive vor vier Wochen im Fall eines erneuten Angriffes mit sofortigen Nato-Luftangriffen gedroht. Doch bisher bestätigten weder die UNO noch die EU-Beobachtermission in der Krajina die Kämpfe. "Wir haben die Meldungen zur Kenntnis genommen und untersuchen die Angelegenheit", hieß es im UNO-Hauptquartier.
"Was die kroatische Regierungsarmee nicht darf, nämlich in die Krajina eindringen, das machen jetzt unsere Soldaten", frohlockte derweil der bosnische Rundfunk. Denn seitdem Anfang September Einheiten der Krajina- Serben zusammen mit Truppen des bosnischen Serbenführers Radovan Karadzic Bihac im Rahmen der Herbstoffensive "Breza 94" (Birke 94) angegriffen hatten, nehmen auch die Bosnier keine Rücksicht auf Staatsgrenzen mehr. Aus den zunächst vereinzelten Überfällen, denen der Oberbefehlshaber der bosnischen Serben, General Ratko Mladic, vor vier Wochen nach Berichten aus Belgrad nur knapp entging, sind inzwischen größere militärische Operationen geworden. Diese könnten nach Ansicht des bosnischen Kommandeurs von Bihac, General Atif Dudakovic, "irgendwann einen Korridor nach Kroatien freikämpfen und eine freien, direkten Nachschubkorridor herstellen".