Die Kommunisten in Moskau, Athen und Rom, die PDS, die DKP, K-Gruppen und Autonome auf dem Berliner Alexanderplatz: weltweit demonstrierten die Reste der politischen Linken unter roten Fahnen gegen den "völkerrechtswidrigen Angriff der Nato auf Jugoslawien" und für "Frieden schaffen ohne Waffen".
Doch die Reden blieben hölzern - fast als sei eigentlich allen klar, daß die russische KP ganz andere Interessen hat als die Freiheit Serbiens; daß das Milosevic-Regime kein Verteidiger des Völkerrechts ist, sondern ein Angriffskriegs-geschultes kriminelles Unternehmen und mindestens so verachtenswert wie die Nato-Kriegsmaschinerie. Über die wichtigste Frage gingen die Linken allerorts einfach hinweg: Was - außer den Völkermord im Kosovo still hinzunehmen - sind die Alternativen zu den Nato-Luftangriffen? Wie sieht eine bessere, linke Balkanpolitik aus? Diese Fragen zu ignorieren ist politisch katastrophal. Indem sich die Linke um sie drückt, verschließt sie sich auch den daraus resultierenden politischen Forderungen.
Konkret heißt das: Wer fordert offene Grenzen für alle Flüchtlinge aus der Bundesrepublik Jugoslawien? Wer erinnert die politische Klasse des Westens daran, daß ihr unglaublicher Mangel an Kreativität im Umgang mit Krisenregionen wie dem Balkan an der derzeitigen Eskalation mitschuldig ist? Welche politische Gruppe treibt die Entwicklung einer Wirtschaftspolitik voran, die die Krisenregionen nachhaltig stabilisiert?
Sicher nicht die Moskauer Kommunisten oder die Berliner PDS. Die bleiben statt dessen bei ihrem "Tut lieber nichts!" Und so wirkt ihr Protest ebenso sinnentleert wie das Siegesgeheul der humanitären Militaristen der Neuen Mitte. Eine ernstzunehmende oppositionelle Bewegung gegen die derzeitigen Trends der Weltpolitik ist nirgends in Sicht - weder gegen die "Globalisierung" genannte neueste Ausbeutungsvariante des internationalen Kapitals noch gegen die Konzeptlosigkeit einer Balkanpolitik, die militärisch fast allmächtig, politisch halbherzig und zudem unfähig ist, wirtschaftlich Perspektiven für die Region zu entwerfen.
In Jugoslawien, sagt man, ist das eigentliche Problem nicht das Milosevic-Regime, sondern die fehlende Opposition. Die Demonstrationen der Linken zeigen: In dieser Hinsicht unterscheiden sich Rußland und Europa nicht von Belgrad.