Rüdiger Rossig | Journalist | Novinar

Ziellos in den Status quo

Kosovo: Die USA greifen nur ein, wenn Europa etwas tut | Von Rüdiger Rossig

Wird die Nato nun Ziele in Serbien bombardieren? In aller Klarheit erklärte der ehemalige Nato-Oberbefehlshaber in Europa, US-General George Joulwan, am Wochenende, es mache keinen Sinn, wenn unklar sei, was anschließend passiert. Das heißt: Trotz Tausender Flüchtlinge, Hunderter zerstörter Ortschaften und dem Übergang der Kosovo-"Krise" in einen Vernichtungskrieg der Streitkräfte des jugoslawischen Präsidenten Milosevic gegen die albanische Bevölkerungsmehrheit im Süden Serbiens werden keine Nato-Angriffe geflogen. Zwar würden die Amerikaner schon bombardieren - aber nur, wenn die Europäer sich bereit erklärten, Bodentruppen zu schicken. Und vielleicht auch mal einen Vorschlag erarbeiteten, wie denn die zukünftige Verwaltung im Kosovo aussehen könnte.

Joulwan weiß, wovon er spricht. Der US-General hat die Entwicklung des Friedens im benachbarten Bosnien-Herzegowina von Amts wegen aufmerksam beobachtet. Dort sind die USA seit 1993/94 die treibende Kraft - und das nicht etwa aus finsteren imperialistischen Motiven heraus, sondern weil die europäischen Verbündeten sonst gar nichts getan hätten. Und was hat das Ganze gebracht?

Letztendlich sichert die Nato-Schutztruppe die Eroberungen, die die dortigen Nationalisten im Krieg 1992 bis 1995 gemacht hatten, ab. Für die Bevölkerung ist das zwar viel besser als Krieg. Aber es kann nicht im Interesse der Nato liegen, wenn sie, analog zur Entwicklung in Bosnien, in Kosovo mit Bodentruppen einrückt, um so die Provinz für Milosevic abzusichern. Die USA wollen das Kosovo-Problem nicht allein lösen. Denn sie haben auf dem Balkan nichts zu verlieren: In Bosnien gibt es kein Öl, im Kosovo keine US- Firmen und in der ganzen Region keinen Militärflughafen, den das Pentagon nicht sowieso nutzen könnte. Wofür einen Krieg riskieren?

Sicher nicht wegen der Opfer. Seit 1991 fliehen die Menschen in Kroatien, seit 1992 in Bosnien und seit 1998 im Kosovo. Ihr Leid allein war niemals Grund genug, um "unsere Jungs" in gefährliche Situationen zu schicken. Ex-Verteidigungsminister Rühe ist nicht der einzige, der das so sieht. Und wenn aus Europa - wo der Balkan nun mal liegt - weiterhin keine Vorschläge zur Befriedung der Region kommen, muß man ihm und General Joulwan in ihrer Ablehnung eines Nato-Einsatzes leider recht geben.