US-Außenminister Warren Christopher will den Konflikt im ehemaligen Jugoslawien gemeinsam mit den europäischen Verbündeten und Rußland eindämmen. Im Kern der Planungen, die auf der Washingtoner Konferenz der Außenminister Frankreichs, Großbritanniens, Spaniens und der beiden ehemaligen Supermächte am Wochenende in Washington ausgehandelt wurden, steht nicht mehr die Integrität des international anerkannten Staates Bosnien-Herzegowina. Noch im Friedensplan des internationalen Vermittlerduos Vance-Owen war ein Erhalt Bosniens nominell als Ziel der internationalen Bemühungen um einen Frieden auf dem Balkan genannt worden.
Nun sollen statt dessen neue UN-Truppen fünf Schutzzonen für die mehrheitlich muslimischen Flüchtlinge in Srebrenica, Zepa, Gorazde, Sarajevo und Bihac einrichten. Die USA boten an, die dort zu stationierenden Blauhelme notfalls aus der Luft zu schützen. Von einer militärischen Intervention in Bosnien-Herzegowina oder der ursprünglich von Clinton geforderten Aufhebung des Waffenembargos gegen die bosnischen Muslime war bei dem Treffen keine Rede mehr. Der französische Außenminister Alain Juppe wieß zudem darauf hin, daß zumindest sein Land die für die Durchsetzung der Schutzzonen mindestens benötigten 5.000 bis 6.000 Soldaten nicht aufbringen könne.
Offenbar wurden die Washingtoner Beratungen im ehemaligen Jugoslawien als Signal dafür verstanden, daß es weiterhin möglich sein wird, ohne Angst vor einem Eingreifen der internationalen Gemeinschaft den Krieg zu führen. Truppen der bosnischen Serben griffen erneut die bosnische Hauptstadt Sarajevo an. Mindestens 103 Menschen wurden bei den Angriffen getötet. In den mehrheitlich serbischen Stadtteilen kam es zu besonders hohen Verlusten, da diese sowohl von den Verteidigern Sarajevos, der mehrheitlich muslimischen Armee Bosnien-Herzegowinas, als auch von der auf den Hügeln um Sarajevo stationierten serbischen Artillerie unter Feuer genommen worden waren. Auch im Norden des Landes ging der serbische Vormarsch mit unverminderter Härte weiter. Die bosnischen Kroaten, die in den letzten Wochen wiederholt die nominell mit ihnen verbündete bosnische Armee in der West-Herzegowina angegriffen hatten, ließen nach Gesprächen zwischen den Präsidenten Bosniens und Kroatiens, Izetbegovic und Tudjman, mehrere hundert gefangene ZivilistInnen frei. US-Außenminister Christopher hatte in Washington der Republik Kroatien öffentlich mit Sanktionen gedroht, falls sie ihre militärische Unterstützung für die bosnischen KroatInnen nicht einstelle. In einer Stellungnahme des kroatischen Präsidenten zu den Auseinandersetzungen zwischen kroatischen und muslimischen BosnierInnen verwies Tudjman auf "islamische ExtremistInnen", die in die kroatisch besiedelte West-Herzegowina eingesickert seien. Diese hätten die Kämpfe zwischen den nominell gegen die bosnischen SerbInnen verbündeten Einheiten ausgelöst, indem sie das ethnische Gleichgewicht zuungunsten der KroatInnen verändert hätten. Laut Angaben der Belgrader Agentur Tanjug warfen derweil muslimische Offiziere in Bosnien Einheiten der kroatischen Miliz HVO vor, muslimische Dörfer in der Herzegowina bombardiert zu haben.