Die Präsidenten Bosnien-Herzegowinas und Kroatiens, Alija Izetbegovic und Franjo Tudjman, wollen am Samstag einen Anlauf zur Beendigung des Krieges zwischen kroatischen und muslimischen BosnierInnen machen. Tudjman lud Izetbegovic am Donnerstag zu einem Gipfeltreffen in der kroatischen Hauptstadt Zagreb ein, an dem auch EG-Vermittler David Owen und der bosnische Kroatenführer Mate Boban teilnehmen sollen. Wenige Stunden zuvor hatte der UNO-Sicherheitsrat die neuen Kämpfe in Bosnien-Herzegowina nachhaltig verurteilt. Das Gremium zeigte sich "entsetzt über Berichte von Greueltaten und die Tötung der Zivilbevölkerung" im Zusammenhang mit der "abscheulichen Politik" der Vertreibung. Berichten der Washington Post zufolge hatten kroatische Truppen am Mittwoch in der mehrheitlich von muslimischen BosnierInnen bewohnten Ortschaft Santici 30 bis 40 Menschen ermordet.
Die zentralbosnische Stadt Travnik wurde am Donnerstag nach einem Bericht der kroatischen Agentur Hina von moslemischen Verbänden besetzt. Die moslemischen Einheiten gingen nach diesen Angaben auch in die Wohnungen der kroatischen Bevölkerung Travniks, die zum Teil gefangengenommen und zum Teil vertrieben worden sei. Vor dem Beginn der Kämpfe zwischen den offiziell verbündeten Moslems und Kroaten lag der Bevölkerungsanteil der Kroaten in Travnik bei rund 37 Prozent.
Trotz mehrerer Waffenstillstandsabkommen, die in den vergangenen Tagen unter Vermittlung der UNO und der EG vereinbart worden waren, wurden die schweren Kämpfe zwischen Moslems und Kroaten auch am Freitag fortgesetzt. Bei Artillerieduellen zwischen kroatischen und serbischen Truppen in Südkroatien wurde am Donnerstag ein slowakischer UN-Soldat getötet.
Die Militärführung der bosnischen SerbInnen wies unterdessen Angaben der UNO zurück, wonach die seit Monaten belagerte muslimische Stadt Srebrenica entsprechend dem Waffenstillstandsabkommen bereits entmilitarisiert sei. Stabschef Manojlo Milovanovic erklärte nach einer Meldung der Belgrader Nachrichtenagentur Tanjug, die muslimischen VerteidigerInnen hätten eine "lächerlich kleine Menge" von Waffen zur Zerstörung übergeben, die meisten davon seien "veraltet und unbrauchbar". Das serbische Militär schätze die Zahl der modernen Waffen der Verteidiger von Srebrenica auf 17.000. Davon seien lediglich 30 abgeliefert worden. Soldaten der bosnischen Regierungstruppen seien mit den übrigen Waffen in die umgebenden Wälder und Berge geflohen.
Der dänische Außenminister Niels Helveg Petersen teilte vor dem Beginn des EG-Außenministertreffens in Kopenhagen mit, sein Land lehne eine Militärintervention in Bosnien nicht mehr ab. Führende Mitarbeiter des US-Außenministeriums forderten nach einem Bericht der New York Times unterdessen US-Außenminister Warren Christopher in einem Brief auf, das Blutvergießen in Bosnien durch ein militärisches Eingreifen zu beenden.