Die Blockade des UN-Stützpunktes im zentralbosnischen Viskovo durch Einheiten der Armee Bosnien-Herzegowinas wurde in der Nacht zum Dienstag friedlich beendet. Aus dem Hauptquartier der UN-Schutztruppen (UNPROFOR) in der kroatischen Hauptstadt Zagreb verlautete, zwei kroatische Offiziere hätten daraufhin die Kaserne verlassen und seien zu ihren Einheiten zurückgekehrt. Die meist muslimischen Soldaten der bosnischen Armee hatten das Quartier der kanadischen UN-Einheit seit dem vergangenen Donnerstag belagert und die Auslieferung der Kroaten verlangt, da die beiden Kroaten unter dem Verdacht stünden, an Kriegsverbrechen gegen ZivilistInnen beteiligt gewesen zu sein.
Unterdessen lehnten die Oberkommandierenden der serbischen und kroatischen Streitkräfte ein für gestern geplantes Treffen mit dem neuen UNPROFOR-Kommandeur General Jean Cot ab. UNPROFOR-Sprecher José Gallegos sagte, der Serbe Ratko Mladic und der Kroate Milivoj Petkovic hätten "Probleme", an dem Gespräch mit Cot in Sarajevo teilzunehmen. Die westlichen Stadtteile der bosnischen Hauptstadt lagen laut UNPROFOR unter schwerem Artilleriefeuer. Im Nordwesten unternahmen Verbände der bosnischen Armee nach Berichten der Belgrader Nachrichtenagentur Tanjug eine Offensive gegen das kroatisch kontrollierte Kiseljak.
Nach Ansicht von Christine Schweitzer vom "Bund für soziale Verteidigung" wird es in der serbisch besetzten Provinz Kosovo "gefährlich, wenn der Krieg in Bosnien zu Ende geht, weil das Milosevic-Regime Krieg braucht". Die Trainerin für gewaltfreien Widerstand war mit einer Delegation des BSV in den Süden des ehemaligen Jugoslawiens gereist, um sich ein Bild vom Widerstand der albanischsprachigen Bevölkerungsmehrheit gegen das serbische Polizeiregime im Kosovo zum machen. "Die Anführer des Widerstandes der Kosovoalbaner genießen in der Bevölkerung ein sehr hohes Ansehen", erklärte Schweitzer gegenüber der taz, "in erster Linie deshalb verliefen die Aktionen bisher alle gewaltfrei."
1989 hatte die Regierung des serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic die nominell "Autonome Provinz" annektiert. Seitdem wurden alle albanischen Amtsinhaber von ihren Posten entfernt und durch SerbInnen ersetzt. Nach Ansicht des BSV ist die Lage im Kosovo "unheimlich gespannt": "Die albanischen Organisationen befürchten täglich, daß es wieder zu spontanen Demonstrationen der Bevölkerung gegen die serbische Besetzung kommen könnte."