Die Führung der serbisch dominierten "Bundesrepublik Jugoslawien" hat nach den gewalttätigen Demonstrationen am Mittwoch hart gegen führende Oppositionspolitiker durchgegriffen. Der Chef der oppositionellen Serbischen Erneuerungsbewegung (SPO), Vuk Draskovic, wurde nach einem Bericht der Tageszeitung Borba zu sechzig Tagen Gefängnis verurteilt. Draskovic war im Anschluß an die militante Demonstration, mit der mehrere tausend BürgerInnen der serbischen Hauptstadt gegen die Absetzung des jugoslawischen Präsidenten Dobrica Cosic in der Nacht zum Dienstag reagiert hatten, in das Gefängnis von Padinska Skela im Nordosten Belgrads gebracht worden. Der SPO-Chef war nach Angaben seines Anwalts bei seiner Festnahme in der Nacht zum Mittwoch verletzt worden. Sowohl Draskovic als auch andere inhaftierte SPO-Vertreter genießen als Abgeordnete des restjugoslawischen Parlaments eigentlich Immunität.
Auch Journalisten wurden in der Nacht zum Mittwoch von serbischen Polizisten zusammengeschlagen. Neben MitarbeiterInnen der oppositionellen Borba wurden auch ReporterInnen der regimetreuen Zeitungen Nowosti, Politika und der Agentur Tanjug geschlagen und inhaftiert. Vor dem Hintergrund dieser überharten Reaktion der Belgrader Polizei übte der abgesetzte Präsident Cosic heftige Kritik an Präsident Milosevic. Sein "willkürlicher Despotismus" verschärfe die Gefahr eines Bürgerkrieges in den Republiken Serbien und Montenegro, die als einzige von ursprünglich sieben Teilstaaten in der jugoslawischen Föderation verblieben sind. Milosevics "leidenschaftliche Liebe zur Macht" bestärke auch den "Separatismus" in Montenegro, wo sich immer mehr Widerstand gegen die Folgen der serbischen Kriegspolitik regt.
Während Einheiten bosnischer Serben am Donnerstag ihre Angriffe auf Gorazde und andere muslimische Städte in Bosnien-Herzegowina unvermindert fortsetzten, vertagte der UN-Sicherheitsrat in New York seine Entscheidung über den Schutz der sechs Städte, die zu "sicheren Zonen" erklärt worden waren.
Die Hilfsflüge der UN nach Sarajevo wurden nicht wieder aufgenommen. Radio Sarajevo meldete, Gorazde sei voller Flüchtlinge, nachdem die Serben 41 Dörfer in der Umgebung niedergebrannt hätten. Auch Moslems und Kroaten kämpften nach Angaben von Radio Sarajevo in Umgebung der zentralbosnischen Stadt Sojnica. Dabei seien fünf Menschen getötet worden.
Das italienische Außenministerium protestierte erneut scharf gegen das Vorgehen der serbisch-montenegrinischen Küstenwache, die am Mittwoch italienischen Angaben zufolge einen italienischen Fischer getötet und ein zweites Besatzungsmitglied des Kutters "Antonio e Sipontina" verletzt hatte. Nach Angaben des Verletzten befand sich das Schiff mit fünf Mann Besatzung in internationalen Gewässern, als es von einem montenegrinischen Wachboot gestoppt worden sei. Die Soldaten hätten ohne Vorwarnung das Feuer eröffnet. Die montenegrinischen Behörden ließen das Fischerboot am Donnerstag wieder auslaufen.