Der selbsternannte "Präsident" der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, hat gestern für weite Teile des serbisch besetzten Bosniens den Kriegszustand ausgerufen. Alle Männer im wehrfähigen Alter wurden aufgefordert, sich bei ihren Einheiten zu melden, allen Zivilisten wurde das Verlassen ihrer Wohngebiete verboten. Hintergrund der serbischen Mobilmachung - offiziell ist von "Alarmbereitschaft" die Rede - sind die Geländegewinne, die die bosnische Armee am Wochenende erzielt hatte. In der Region um die UN-Schutzzone Bihac im Westen der exjugoslawischen Republik eroberten Truppen der Regierung in Sarajevo rund 240 Quadratkilometer. Zudem wurde die rund 50 Kilometer südlich gelegene Stadt Kulen Vakuf erobert und der Belagerungsring um das nahe Busanska Krupa geschlossen.
Das eroberte Gebiet erstreckte sich entlang der Una, dem Grenzfluß nach Kroatien, und der Eisenbahnverbindung Knin- Bihac-Banja Luka. Auch bei Kupres in Zentralbosnien und bei Bugojno konnten die bosnischen Truppen bis zu 20 Kilometer in das serbisch besetzte Gebiet eindringen. Weiterhin melden die Regierungstruppen Erfolge in Ostbosnien. Ziel der Operation ist nach bosnischen Angaben die Vereinigung mit den Truppen des siebten Korps der Regierungstruppen, die bei Kupres in Zentralbosnien weitere Geländegewinne erzielt hätten. Radio Pale, der Rundfunksender der bosnischen Serben, meldete, die Zivilbevölkerung sei vor Ausbruch der Kämpfe evakuiert worden. Nach UN-Angaben sind in Kulen Vakuf Hunderte serbische Zivilisten auf der Flucht. Insgesamt seien etwa 12.000 serbische Zivilisten vor den heranrückenden Regierungstruppen geflüchtet.
Unterdessen haben die USA am Freitag einen Resolutionsentwurf im Weltsicherheitsrat eingebracht, der die Aufhebung des Waffenembargos gegen Bosnien vorsieht. Die umkämpfte Republik soll danach automatisch von dem gegen Ex-Jugoslawien verhängten Embargo ausgenommen werden, wenn die bosnischen Serben nicht innerhalb von sechs Monaten dem Friedensplan der internationalen Kontaktgruppe zustimmen. Frankreich und Großbritannien hatten für diesen Fall mit dem Abzug ihrer Blauhelmsoldaten gedroht. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Weltsicherheitsrat hat der US- Vorstoß kaum Aussicht auf Erfolg.